Ich machte die Augen auf und fand mich am Meeresgrund wieder.
Wie war ich hierhergekommen?
Du bist schon etwas länger hier, sagte ein vorbeikommender Fisch.
Ach, dachte ich, und Fische können nicht sprechen, vielleicht hab ich das gerade zu mir selbst gesagt. Aber stimmt wohl. Um mich her – sich verlierende Blauschwärze. Unter meinen Füßen beigefarbener Sand. Ich bin schon etwas länger hier.
Nun muss ich diesen Meeresgrund entlanglaufen. Die Welt des Lichts über mir ist weit entfernt, ich bin ganz weit weg von allem was dort passiert.
Jeder Schritt gegen das gewaltige Wasser ist unendlich schwer. Ich muss das Meeresbecken durchqueren, bis der Boden ansteigt und ich wieder nach oben komme. Es wird immer heller werden und plötzlich durchbricht mein Kopf die Linie, die Pforte zur Luftwelt. Ich muss über den Meeresgrund laufen und ich muss es ganz allein tun.
Es geht schneller, wenn ich mich zwinge zu springen oder ein paar Schwimmzüge zu machen. Aber oft bin ich zu kraftlos, und es reicht nur um kleine Schritte zu tun, jedes Mal eine gewisse Menge schweren Wassers hinter mich bringend. Was mir an Leistung im Laufen fehlt, mache ich gut durch Geduld. Je geduldiger ich bin, desto weniger muss ich gehetzt sein. Ich weiß nicht, wie lang der Weg noch ist – eine Ahnung sagt mir, der Anstieg sollte bald kommen.
Wie ich mich auf das Licht freue – ich kann es mir gar nicht vorstellen, so weit entfernt ist es.
Doch ich habe meinen Platz darin, ich weiß es.
Mein Herz tut weh voller Sehnsucht danach.
Niemand weiß, wo ich bin. Rufe ich nach anderen Menschen, bleiben meine Rufe ungehört. Das dunkle, gewaltige Wasser verschluckt meine Stimme.
Ist das zarte Gebilde der Geduld erschüttert, sehne ich mich verzweifelt nach Hilfe. Möge doch ein Fischschwarm kommen und mich in meine Richtung mitnehmen. Möge eine Meeresströmung kommen und mich mit sanfter Stärke tragen.
Den Fischschwärmen jedoch weiß ich nicht, wie ich mich mitteilen soll. Ich weiß nicht, wie ich sie dazu bringen könnte, etwas für mich zu tun. Wahrscheinlich sehen sie mir auch nicht an, dass ich Hilfe brauche – stark vollführen sie neben mir ihren Tanz, und ich beneide sie.
Und auf die Meeresströmung kann ich nicht warten. Dass sie einträfe, wäre ein Wunder – ich, die aus eigenen Kräften laufen kann, bin zu klug, um mich aussichtslosen Hoffnungen hinzugeben.
So bleibt mir nur, das Gefühl des Sandes zwischen meinen Zehen zu beobachten, auf dass ich, wenn ich an Land bin, den anderen von dieser seltsamen Welt erzählen kann.
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