Ist das Gegenteil der Entfremdung ein Gefühl, oder ist es eine Bewertung? Oder ist es etwas dazwischen? Eine Farbe der Wahrnehmung?
Ich gehöre dazu und alles gehört zu mir. Im Gegenteil der Entfremdung stelle ich dies immer wieder nüchtern fest.
Alles ist mir vertraut, allem kann ich vertrauen. Auch das Neue ist selbstverständlich, natürlich zugehörig zu meiner Welt. Alles hat seinen Platz. Alles hat seinen Sinn.

Die Dinge stellen sich mir einfach dar und klar.
Ich glaube, mehr zu verstehen. Mehr zu durchschauen.
Ich bin mehr in der Realität verhaftet mit dem Gegenteil der Entfremdung. Mehr Teil der Realität – und sie ein Teil von mir. Beides in Synthese. Es passt.

Ich komme mir nicht mehr so fehl am Platz vor, wie bestellt und nicht abgeholt von Wesen meines Planeten. Nein, das hier ist nun etwas mehr mein Planet. Nicht ganz, aber mehr als vor dem Gegenteil der Entfremdung. Mein Planet, und deshalb darf ich teilhaben an seiner Gestaltung, bin ich eingeladen zu allen Kreisen, eingeladen an allem teilzuhaben, was geschieht.
Vollkommen teilzuhaben, vollkommen innerhalb des Kreises zu sein, dazuzugehören.
Ich bin geborgen, aufgenommen von allen Geschehnissen und Phänomenen. Sie sind mir wohlgesonnen, sind meine Welt, sind das, was mich trägt.
Ich kann mich hineinkuscheln und sinken lassen. Ich kann alles kennen, die Gefahr, die Freude, den Missstand, die Irrationalität, alle Phänomene des täglichen Lebens. All diese sind mir vertraut wie Freunde und Bekannte, ich habe keine Angst.
Das Gegenteil der Entfremdung bringt Angstlosigkeit mit sich, Wohlwollen, Geborgenheit und Akzeptanz.
Auf einmal erscheint alles viel harmloser.

Ich muss mich nicht mehr so stark wehren. Muss nicht mehr meinen Kopf angestrengt und rastlos suchen lassen nach Möglichkeiten, gegen das, was ist, anzugehen. Muss nicht mehr meine Kreativität bemühen, um gegen scheinbare Leere und andere Gefahren zu kämpfen.
Es fällt mir leichter, normal zu sein und nicht exzentrisch. Das Gegenteil von Entfremdung besagt, dass auch ich kein Fremder mehr bin. Deshalb muss ich mich nicht mehr wie eine Fremde verhalten.

Es ist alles gut. Niemand sagt, dass es so ist, aber instiktiv schlussfolgere ich es aus dem Gegenteil der Entfremdung. Zuvor dachte ich stets, alles sei in irgendeiner unsichtbaren, unheilvollen Weise krank und kaputt. Aber auch dafür gibt es keinen Beweis außer dem Gefühl der Entfremdung.
Die Welt ist nicht in irgendeiner unheilvollen Weise krank. Es gibt nichts unabwendbar Falsches in ihr, das keiner bemerkt außer mir. Nein, das ist Einbildung. In Wahrheit kann ich der Welt vertrauen.
Weniger hinterfragen. Mehr sich sinken lassen und okay finden, was ist. Ein ungewohntes Gefühl.