Alexithymie heißt „die Unfähigkeit, Gefühle zu lesen“. Gefühlsblindheit. Ich habe da schon verschiedene Definitionen gelesen und bringe hier meine Persönliche ein. Für mich heißt Alexithymie, dass ich oft nicht weiß, wie es mir geht, was ich fühle, warum ich etwas fühle, wie ich mein eigenes Verhalten interpretieren soll. Es ist wie eine eingeschränkte Theory of Mind mir selbst gegenüber. Ich kann die primäre Emotion, wenn ich mir Mühe gebe, ganz gut benennen. Also kann ich meistens unterscheiden, ob ich fröhlich, traurig, ängstlich oder niedergeschlagen bin, oder ob ich mich ärgere, Zuneigung oder Aversion empfinde. Dabei hilft mir der Gefühlsstern aus der kognitiven Verhaltenstherapie enorm (habe ich mir selbst angeeignet). Es dauert oft eine Weile, aber ich komme doch recht zielsicher per Ausschlussprinzip auf das Gefühl, weil es gewisse Regeln gibt, denen ich dabei folgen kann, bestimmte Fragen, die ich stellen kann. Gefühle erkennen nach Lehrbuch. Weiterlesen
Schlagwort: Emotion
Ich bin glücklich, und das seit einem so langen Zeitraum, ich frage mich schon, ist das normal… Bin ich unter die Stoiker gegangen, wenn mir alles so halbwegs egal zu sein scheint? Und ich frage mich: Im Angesicht der Klimakrise, was würde Epiktet tun? Denn es ist nun einmal so: Dinge, die ich nicht ändern kann, da lohnt es sich auch nicht, sich davon aufregen zu lassen. Aber mir sind in der Klimakrise nicht die Hände gebunden – ich kann etwas tun! Klar, sie lässt sich nicht aufhalten – aber jedes Zehntelgrad zählt, jedes Kilo CO2 zählt. Was würde Epiktet tun?
WeiterlesenJulai wurde von griechischen Buchstaben verfolgt. Sie machten alle Sinn.
Aber das Ψ [Psi], wie soll man sagen, war am hartnäckigsten. Eines Tages bekleidete sie sich mit ihrer Lieblingsjacke, einer schwarzen, die sie für zehn Euro im Second-Hand-Laden gekauft hatte. Da sah sie sich die superpraktischen, großen Taschen der Jacke an und dachte: Das Ψ würde sich darauf hervorragend machen. Und so malte die ein Ψ auf ein Stück Stoff und nähte es an ihre Jacke. Damit lief sie umher, und fühlte sich großartig und unangenehm exzentrisch zugleich, so als würde sie sich ihrer selbst schämen, aber irgendwie auch den Kick wollen. Schräger Vogel, diese Julai.
Allys hatte einen weiten Weg vor sich. Sie hatte es bereits erahnt, bevor er begonnen hatte (Oder hatte sie da gerade Anlauf genommen, bevor sie die Flügel ausspannte, um zu fliegen? Vermutlich).
Auf einer Wiese liegend, war Allys einem Spiel gefolgt. Es ging darum, sich ein Tier vorzustellen. Mit geschlossenen Augen, neben ihr lagen andere Jugendliche im Gras, ließ Allys ihre Gedanken schweifen, und diese waren voll Frieden und Natur. Ihr erschienen Landschaften, und spontan materialisierte sich vor ihrem inneren Auge das Bild einer trockenen Wiese. Irgendwo auf dem flachen Land könnte es sein, in Brandenburg, am Rand war eine Allee zu sehen. Die Pflanzen auf der Wiese, vor allem Gräser, wucherten wie wildes, zerzaustes Haar. Große, üppige, verblichene, magere, Sonne aufnehmende Pflanzen bildeten ein undurchsichtiges Meer, das Allys in seiner Bewegung beobachtete.
Ist Durchdrehen die adäquate Reaktion auf unsere Realität?
Nein, jetzt echt: Wie kann ich mich weiter meinen tausend kaleidoskopartigen Projektfitzeln widmen, meinen schnöden Emotionen, wo da draußen die Welt so langsam unbewohnbar wird? Ich meine das ganz ernst: Wäre es nicht normal, verrückt zu werden? Ist es nicht eher verrückt, all das zu verdrängen? Normal ist nicht unbedingt definiert als das, wonach sich die Mehrheit verhält. Vielleicht ist es gerade der kollektive Wahnsinn, die Pathologie der Normalität.
Ist das Gegenteil der Entfremdung ein Gefühl, oder ist es eine Bewertung? Oder ist es etwas dazwischen? Eine Farbe der Wahrnehmung?
Ich gehöre dazu und alles gehört zu mir. Im Gegenteil der Entfremdung stelle ich dies immer wieder nüchtern fest.
Alles ist mir vertraut, allem kann ich vertrauen. Auch das Neue ist selbstverständlich, natürlich zugehörig zu meiner Welt. Alles hat seinen Platz. Alles hat seinen Sinn.
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Ich machte die Augen auf und fand mich am Meeresgrund wieder.
Wie war ich hierhergekommen?
Du bist schon etwas länger hier, sagte ein vorbeikommender Fisch.
Ach, dachte ich, und Fische können nicht sprechen, vielleicht hab ich das gerade zu mir selbst gesagt. Aber stimmt wohl. Um mich her – sich verlierende Blauschwärze. Unter meinen Füßen beigefarbener Sand. Ich bin schon etwas länger hier.
Ich warte auf den Akkord, der die Dissonanz zwischen mir und meiner Umwelt auflöst. Dann geht die Sinfonie endlich weiter. So ist das bei Musik: Darauf, dass die disharmonische Stelle aufhört, muss man manchmal lange warten. Im Wissen, dass diese zum Stück gehört, am Ende bald vergessen ist, leidet man doch unendlich währenddessen.
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